Als Amazonen bzw. ganze Amazonenstämme wurden in der griechischen Mythologie Frauen bezeichnet, die gleichsam wie Männer in den Krieg zogen. Sie trugen sogenannte phrygische Mützen und verkörperten die Freiheit. Diese Mützen wurden ursprünglich aus einem Stierhodensack samt der umliegenden Fellpartie hergestellt und die Fähigkeit zugeschrieben, die Macht und Stärke des Tieres auf ihren Träger weiterzugeben. Amazonen waren den Griechen fremd und daher auch Feinde, was schließlich in eine Schlacht führte. Dennoch wird in der griechischen Mythologie davon erzählt, dass es eine Liebschaft gab zwischen der Königin der Amazonen Antiope und dem griechischen Helden Theseus. Es zeigt sich hier somit eine Ambivalenz zwischen dem Fremden, aus dem heraus Krieg erwächst einerseits und andererseits der Anziehung und Liebe zum Unbekannten. Außerdem steht die Szene für die Unterdrückung des matriarchalen Systems. Es war also die Andersartigkeit der Amazonen, was die Griechen faszinierte. Die Mythologie über die Amazonen greift urtümliche Elemente auf, die sich in der Menschheitsgeschichte immer wieder zeigen; als positives Beispiel die Liebe, welche trotz oder vielleicht sogar gerade wegen des Fremden existiert. Auf der anderen Seite zeigt sie die Unterdrückung der Frauen, den fortwährenden Kampf der Männer, Frauen besiegen, mundtot oder handlungsunfähig zu machen. Die Amazonen sind ein paradigmatisches Zeichen für Gegensätze. Ihre Beziehung zu den Griechen zeigt eine Ambivalenz zwischen Anerkennung und Ablehnung, zwischen Nomaden- als auch Sesshaftem, sowie eine grenzüberschreitendes Verhältnis des Geschlechts. Die Amazonen waren zwar Frauen, dennoch kämpften sie an der Seite von Männern wie es dem Archetyp des Mannes entsprach. Diese Umstände sind demnach ein Beispiel dafür, dass es keine biologisch festgesetzten Geschlechterrollen geben muss, sondern es um einen generellen Zusammenhalt der Gruppe ging. Askold Ivantchik kam im Hinblick auf die Genderfrage zu dem Schluss, dass die Amazonen keine Parallelwelt zu der männerdominierten griechischen Gesellschaft bilden wollten, sondern vielmehr die Idee der Gleichwertigkeit verfolgten.
Valeska Peschke verwendet diese phrygische Mütze als weitere Inszenierung der Botschaft von Amikejo. Die Jakobinermütze, eine Nachbildung der phrygischen Mütze, steht als Symbolzeichen des Sieges des republikanischen Frankreiches und wird von der revolutionären Marianne während der Französischen Revolution getragen (gemalt von Eugéne Delacroix 1830). Auch der Künstler Arnold Böcklin stellte die Freiheit in Form einer Frau dar, in der einen Hand einen Adler (Symbol weltlicher Macht), in der anderen einen Palmenzweig (Sinnbild göttlicher Allmacht) haltend. Auf dem Kopf trägt auch diese Frau die Jakobinermütze als Zeichen der Freiheit und des Aufstands gegen die Obrigkeit.
Europa war im griechischen Mythos über den Ursprung von Europa eine Frau, verführt oder sogar entführt von Zeus, der sich in einen Stier verwandelt hatte um seiner misstrauischen Gattin Hera als auch Europa etwas vorzutäuschen. Dieser griechische Mythos könnte noch weitaus ausführlicher formuliert werden, jedoch genügt der kurze Überblick um das Thema auf den Punkt zu bringen; sie stellt sowohl eine Liebesbeziehung als auch einen Geschlechterkampf dar. Die Dominanz des Mannes auf der einen Seite und der Sieg Europas als ein neuer Erdteil auf der anderen.
Die Obrigkeit, gegen die sich die Frauen in der Französischen Revolution und Böcklins Die Freiheit stellen, sind immerzu Männer, in der griechischen Mythologie gesprochen der Stier. So wie auch Zeus regierte, so regiert in heutiger Zeit die Finanz- und Wirtschaftswelt und diese wird mit rund 90 Prozent von Männern dominiert. Peschke möchte in Form der Kunst mit der Jakobiner- bzw. der phrygischen Mütze die Macht und Stärke der Frau in den Vordergrund bringen und zeigen, dass Europa originär eine Frau ist. Kunstgeschichtlich wurde schon mehrmals auf die für Freiheit und Gerechtigkeit kämpfende Frau aufmerksam gemacht. Peschke verfolgt diese Idee und setzt sie in Gestalt einer kreativen Mützen um, damit gezeigt werden kann, dass es wieder einmal die Frauen sein werden, die Europa retten.
Während der Hut klassisch als Statussymbol verwendet wird und damit immer in ein System eingeordnet ist, bildet die Mütze ein weiches Element, das zwar Form behält, sich aber dennoch stetig formen lässt. Gesellschaftlich konform nimmt man in geschlossenen Räumen Hüte ab, sie sind also nicht ständig präsent. Hingegen werden Mützen als Teil des Ganzen gesehen, sie müssen nicht abgenommen werden beziehungsweise gibt es hierzu keine Verhaltensregeln und besitzen dadurch eine gewisse Tendenz zum Revolutionären.
Zuletzt sei noch darauf aufmerksam zu machen, dass es ebenfalls der Vulkan ist, der, wie auch bei den Amazonen gezeigt, die Idee sowohl der Weiblichkeit als auch der Männlichkeit in einem gegenseitig ergänzenden System vereint. Die Dominanz des einen führt schließlich zu einer Reduktion des anderen und endet letztlich in einer sich allein negativ auswirkenden Ambivalenz.
Literatur:
1Robert von Ranke-Graves: Griechische Mythologie, Quellen und Deutung. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag 1987.
2Gyula László: Steppenvöler und Germanen. Kunst der Völkerwanderungszeit. Herrsching, Ammersee: Pawlak Verlag 1970.
Link Ulrike Guérot, Vortrag: the european republic is under construction, re:publica Berlin,2015
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