Performative Vorträge

Perfomative Vorträge

 

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Valeska Peschke vollführt in ihren Arbeiten sowohl Performances, welche ganz ohne Worte auskommen können, als auch performative Vorträge, mit Einbeziehung der Sprache in Form von Gedichten, Comics oder sogenannten „Reisebüchern“. Letztere beinhalten Reisen durch die Stadt Berlin, auf der Suche nach der abstrakten Vorstellung von Vulkanen. Diese, wie auch jede andere Form ihrer Performances und performativen Vorträgen, kann als Manifestation von Tatsachen verstanden werden, die in kreativer und narrativer Form einen Perspektivenwechsel mit sich führen. Aus der Bewegung heraus geschehen, durch diese Handlungen, Veränderungen im Denken, in der Wahrnehmung und damit einhergehend ein Umbruch in der Erkenntnis.

Die Arbeiten von Peschke greifen unter anderem Ideen von Jaques Derrida und seinem Werkzeug der Dekonstruktion auf. Derrida möchte Sprache von innen heraus kritisieren und aufzeigen, dass Zeichen nicht von Anbeginn Bedeutung besitzen, sondern die Bedeutung vielmehr erst aus der Verwendung der Zeichen heraus erwächst. Ihm geht es folglich um eine Auflösung der Struktur und des Systems von Texten aus dem Inneren heraus, was sich schließlich auch von außen zeigt. Diese Ansicht zeigt Parallelen mit Peschkes Verständnis und ihren unterschiedlichen Konzeptionen des Vulkans. So ist es auch der Vulkan, welcher sich von innen her sowohl zerstört, als sich auch gleichzeitig formt und Neues entstehen lässt. Weiter verfolgt Derrida die Idee, dass es im Eigentlichen keine gesicherte Existenz gibt, sondern wir ständig, von dem Bedürfnis nach Sicherheit getragen, auf der Suche sind nach Modellen und Systemen, auf welche wir Sicherheit und Stabilität projizieren. Der Vulkan symbolisiert genau diese ständige Unsicherheit und fortwährende Veränderung in seiner Form; zwischen Zerstörung und Fruchtbarkeit, zwischen fest und flüssig.

Während lange die Auffassung herrschte, dass Sprache Gedanken wiedergibt, ist Derrida der Überzeugung, dass Sprache gerade nicht als Repräsentation des Denkens verstanden werden darf, sondern diese gerade erst erschafft. Sprache beziehungsweise das Sprechen ist immer auch ein Akt, eine Handlung, und somit ist auch jede Performance als Handlung, unabhängig davon ob verbal oder nonverbal, konstitutiv für unser Denken. In Texten (auch den Begriff des Textes fasst Derrida sehr weit und spricht damit ebenso jede Art von Geste, Akt oder Handlung an) werden Begriffe verwendet, die nicht allein für sich stehen, sondern ihre Bedeutung erwächst gerade erst durch die Verwendung und dem damit einhergehenden Kontext. Peschke zeigt in ihren Performances und performativen Akten immer wieder, wie einzelne Ideen aufgefasst und neu interpretiert werden können, woraus sich eine völlig neue Darstellung des Gegebenen ergibt. So wie auch Derrida sieht sie in künstlerisch dargstellten gesellschaftlichen Prozessen keinen Anfang oder Ende, sondern folgt einer Richtung von lebendiger Bewegung.

Bewegung und Prozess kennzeichnen sich durch ein kontinuierliches Werden, ein Entstehen und Vergehen, ein Sein und Nichtsein. Eine Bezeichnung kann niemals eindeutig gegeben sein, sondern muss immer in Bezug auf die Abwesenheit von etwas verstanden werden. Wenn Abwesenheit in das Verständnis von Bezeichnungen oder Definitionen miteinbezogen wird, lassen wir eine ständige Neudefinition und -interpretation eines Gegenstands oder einer Situation zu. Nur durch die ständige Differenz zwischen Anwesendem und Abwesendem, lässt sich eine konstruktive Bewegung der Bedeutung von etwas erzeugen. Derrida nennt diesen Vorgang der Einbeziehung von Abwesendem eine „doppelte Geste“.

 

 

 

 

 

 

 

Literature:

1Jaques Derrida: Eine unmögliche Möglichkeit, vom Ereignis zu sprechen. Vortrag, Berlin: Merve-Verlag 2003

2 Jaques Derrida: Grammatologie. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1983

3 Jaques Derrida: Die Schrift und die Differenz. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1972.

4 Kunstforum. Atlas der Künstlerreisen. International. Bd. 137 Juni - August 1997

5 Katalog zur Ausstellung Atlas Mapping. Offenes Kulturhaus Linz., Kunsthaus Bregenz, Magazin 4. Wien: Verlag Turia + Kant 1997

6RoseLee Goldberg: Performance Art. From Futurism to the Present. Yugoslavia: World of Art 1990.

 

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